Angesichts des Wahlsiegs von Donald Trump diskutierten EX-Volkswagen-CEO Dr. Herbert Diess, ZDF-Politikexperte Theo Koll und Jeffrey Rathke, Präsident des American-German Institute in Washington, die Konsequenzen für die internationalen Beziehungen. Koll brachte dabei eine prägnante Metapher ein: Die Deutschen müssten nun ihre Goretex-Jacken ausziehen, in denen sie es sich seit 1989 "innen schön warm" gemacht hätten, während sich alles Wichtige draußen abspielte. Die komfortable Phase der Nachwendezeit sei nun definitiv vorüber.
Diess zeigte sich trotz der dramatischen Veränderungen chancenorientiert. Er verwies auf Europas Verhandlungsmacht mit seinen 450 Millionen Konsumenten und plädierte für direkte Gespräche mit dem künftigen Präsidenten Trump, dem er einen stark merkantilen Blick auf die Welt attestierte. Deutlich kritischer äußerte sich Koll über den kommenden "Trump 2.0", der weitaus stärker und ungebremster agieren werde als in seiner ersten Amtszeit. Die vielzitierte Zeitenwende sei in Deutschland mental noch nicht vollzogen. Angesichts der dramatischen Aufrüstung Russlands kämen gewaltige Herausforderungen auf die nächste deutsche Regierung zu. Diese müsse den erforderlichen mentalen Wandel in wahnsinnigem Tempo schaffen.
Rathke ergänzte diese Perspektiven um einen Blick aus Washington. Besonders warnte er vor einer Isolation der Ukraine, falls Europa nicht geschlossen auftrete. Er erwarte kaum Widerstand im Kongress gegen Trumps künftige Agenda und berichtete, dass das Trump-Lager die deutsche Politik sehr genau beobachte. Besonders kritisch sehe man dort die Kürzung der Ukraine-Hilfe um vier Milliarden. Ein Ende des Krieges sei nur eine Frage des Preises, aber dieser Preis sei möglicherweise erschwinglich im Vergleich zu den Kosten, die entstünden, wenn Russland direkte Grenze zur EU würde.
In einem Punkt waren sich alle drei Experten einig: Europa könne seine Interessen nur gemeinsam erfolgreich vertreten. Unkoordiniertes und einzelnes Agieren gebe Europa keine Chance. Die Zeit der komfortablen Goretex-Jacke, um bei Kolls Bild zu bleiben, sei definitiv vorbei. Deutschland und Europa müssten sich auf härtere Zeiten einstellen.
Interview mit Dr. Herbert Diess
Dr. Herbert Diess führt aus, welche Chancen und Risiken er für die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen nach der US-Präsidentschaftswahl sieht; wie die EU ihre Wirtschaftspolitik anpassen sollte; und wo wir die USA als Vorbild nehmen können.
Interview mit Theo Koll
Theo Koll erläutert, welche grundlegenden Veränderungen er in der US-Außenpolitik erwartet und wie sich die neue US-Präsidentschaft auf die politische Dynamik innerhalb Europas auswirken könnte.
Interview mit Jeffrey Rathke
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