Das Kapitalmarktpodium gab einen Eindruck, wie Investoren auf 2024 schauen, welche Risiken sie sehen und welche Anlageklassen sie jetzt aufstocken. Bernhard Grötsch, Geschäftsführer bei Rohde & Schwarz Corporate Finance, sieht das Risiko einer weiterhin hohen Inflation mit eventuell weiter steigenden Zinsen. Dr. Michael Leinwand, Vorstand für Kapitalanlagemanagement der VBL, Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, hat einen andere Fokus: „Das größte Risiko kommt 2024 von der Immobilienseite“ mit Leerständen und Finanzierungsproblemen. Ingo Mainert, CIO Multi Asset Europe, Allianz Global Investors, sah die Frage beinahe philosophisch und sprach von der (anders als Risiko) nicht berechenbaren Unsicherheit im VUKA-Regime: Volatilität; Unsicherheit; Komplexität; Ambiguität.
Auf die Frage nach der Rezession, ob sie kommt und wie stark sie wird, meinte Ingo Mainert: „Die Konjunktureinschätzung im Markt ist zu optimistisch. Die Rezession wird nicht tief, aber sie wird in L-Form verlaufen.“ Was Deutschland braucht, sagte er, sind weitreichende Strukturreformen und eine Agenda 2030. Beides sei aber nicht in Sicht. Deshalb „werden wir in eine Phase sehr niedrigen, anämischen Wachstums einschwenken.“ Auch Dr. Michael Leinwand brachte seine Zweifel zum Ausdruck, „dass wir hier in Europa in den nächsten Jahren großes Wachstum entfachen.“ Dr. Götz Albert sieht sich im Theaterstück „Warten auf Godot“, denn „die Indikatoren zeigen seit einem Jahr eine Rezession an – die Wirkungsverzögerung einer restriktiven Geldpolitik können lang sein.“ In jedem Fall ist er überzeugt: „Der Zins wird nicht schnell fallen, diese Erwartung wäre trügerisch.“
Aber welchen Anlageklassen wenden sich die Investoren zu? Zunächst sehr grundsätzlich wurde Bernhard Grötsch: „Wir sind in der Kapitalanlage eher langweilig unterwegs: Aktien, Renten, Währungen.“ So langweilig denn aber doch nicht: „Ich bin ein Fan von Rebalancing.“ Das macht er, ausgerechnet, seit 2008. „Im Oktober 2008 haben wir erstmals nachgekauft. Wir haben damals erst geschluckt. Es funktioniert seither aber gut.“ Aktuell wendet er sich neben Aktien bevorzugt Inflation Linked Bonds zu. Für Dr. Michael Leinwand ist durch den Zinsanstieg die Rentenanlage wieder ein relevantes Thema, in diesem Zusammenhang, wegen ihres variablen Zinskupons, auch CLOs, also verbriefte Unternehmenskredite. Seine Aktienquote wird er leicht ausweiten und er baut erstmals eine Private-Equity-Quote auf. Wegen des Cashflow findet er Infrastrukturinvestments weiter interessant. Auch Ingo Mainert nimmt wieder mehr Fixed Income ins Portfolio: „Der Zins ist zurück gottseidank – 60/40 lebt!“ Er kauft im Kern Staatsanleihen und wird langsam, sukzessive die Laufzeiten verlängern, sowie Unternehmensanleihen mit guter Bonität. Dr. Götz Albert verwies auf europäische Small & Mid Caps. Die haben Large Caps zuletzt 25% underperformed. Aber: Mit einem KGV von 10 sind Small & Mid Caps so günstig wie lange nicht mehr. Sie werden, ist Albert überzeugt, wieder aufholen. Weil sie strukturell ein höheres Wachstum und damit langfristig eine bessere Kursentwicklung aufweisen.
Die Ergebnisse der TED-Befragung finden Sie unter: TED-Umfrage.