Auf dem Podium am Vormittag: Deutsche-Börse-CEO Dr. Theodor Weimer, Prof. Dr. Sabina Jeschke vom Quantencomputing-Start-up Quantagonia und die Innovations-Professorin Dr. Katharina Hölzle. Sie nahmen den technologischen Fortschritt in den Fokus, diskutierten über die Hürden für Innovation in Deutschland und eine Frage mit Sprengkraft: Verlieren wir den Anschluss? Oder: Wie wir Innovation fördern können, um die Zukunft des Standorts Europa und Deutschland weiterhin souverän gestalten zu können?
Selbst, wenn Deutschland in Innovatiosrankings vordere Plätze belegt, sieht Prof. Dr. Katharina Hölzle, bis Juni 2022 für die Bundesregierung stellvertretende Vorsitzende der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), das Innovationsgeschehen skeptisch. Es kommt darauf an, betonte sie, in welchen Bereichen man innovativ ist. Und leider, so ihr Befund: „In den digitalen Schlüsseltechnologien ist China überall führend.“ Auch den Unternehmen hielt Hölzle den Spiegel vor: „Wir können Spaltmaße bis zur Perfektion optimieren, aber das Auto neu denken, damit tun wir uns schwer." Als Rollenmodell für diese Art neuen Denkens nannte Hölzle Elon Musk, „unabhängig davon, was man von ihm als Person halten mag“.
Dass Deutschland nicht mehr Speerspitze des Fortschritts ist, bestätigte auch Prof. Dr. Sabina Jeschke, Gründerin des Quantencomputing-Start-ups Quantagonia. Als sie 2018 bei der Bahn anfing, führte sie ihr erster Auslandsaufenthalt nach China, weil sie dort erfahren wollte, wie schnelle Infrastruktur geht. Ihre Beobachtung seither: „In China ist die Innovationsgeschwindigkeit radikal schneller als bei uns. Wer sich jetzt erschreckt, wird morgen entsetzt sein.“ Zum Vergleich verwies sie auf die deutsche Gesetzgebung zur künstlichen Intelligenz: „Jeder, der in diesem Bereich gründen will, wird es tunlichst nicht in Deutschland tun. Wir reden lieber über die DSGVO.“ Von der Politik forderte sie: Es muss klare Ansagen geben, wo genau wir hinwollen. Bottom-up funktioniert die Zukunftsgestaltung unseres Wirtschaftsstandorts nicht. „Wir brauchen das Top-down.“
Dr. Theodor Weimer, Vorsitzender des Vorstands der Deutsche Börse AG, hat vom Grundsatz her einen positiven Blick auf die Unternehmen. Er sagte, sie sind wahrscheinlich besser unterwegs als wir glauben: Die Innovationskraft ist da, und es wird Geld in die Hand genommen. Zugleich mahnte er an, nicht nachzulassen, denn die deutsche Wirtschaft lebt zu 22 Prozent von der Industrie. Weimer: „Wer glaubt, die deutsche Volkswirtschaft könnte als Dienstleistungsgesellschaft überleben, der irrt.“ Die USA und China sind hier weiter, sie streben brutalstmöglich Technologieführerschaft an. Dazu zwei Zahlen: In den USA sind pro Kopf 750 Dollar in Venture Capital investiert – in Deutschland sind es 80 Dollar. Wenn in Deutschland ein Start-up eine Bewertung von zum Beipsiel 8 Mio. Euro hat, bekommt es 8 Mio. Euro Finanzierung – in den USA bekäme es direkt 100 Mio. Dollar.
Interview mit Prof. Dr. Katharina Hölzle
Prof. Dr. Katharina Hölzle im Inteview über Deutschland als „Weltmeister der inkrementalen Innovation“ und die Notwendigkeit größerer Innovationssprünge; sowie über ihren Optimismus zur Innovationskraft Deutschlands.
Interview mit Prof. Dr. Sabina Jeschke
Prof. Dr. Sabina Jeschke über die Hürden, die ein Technologie-Startup in Deutschland nehmen muss; wie die Politik Technologie-Start-ups den Weg zum Erfolg besser ebnen kann. Und über die Fähigkeit der Universitäten, aus Erfindungen marktfähige Produkte zu machen.