Die Schweden haben sie schon, die Aktienrente: Neben den 16 Prozent des Bruttolohns, die in das auch in Deutschland übliche Umlagesystem fließen, gehen noch einmal 2,5 Prozent in ein Kapitalmarktprodukt. Das können vom schwedischen Staat zugelassene Investmentfonds privater Anbieter sein. Doch wer sich nicht selbst für einen solchen Fonds entscheidet, der spart automatisch in den „AP7 Såfa“, die Standardoption, die aus einem Aktienfonds und einem Rentenfonds besteht. Såfa heißt auf Deutsch wenig überraschend „Sofa“ und soll genau das ausdrücken: Ein Vorsorgeprodukt, mit dem sich Sparer zurücklehnen und es sich bequem machen können. Denn das persönliche Risikoniveau jedes Einzelnen wird ab einem Alter von 56 Jahren schrittweise angepasst: Der Anleihenanteil steigt, der Aktienanteil sinkt.
Auf dem Lupus alpha Investment Fokus erläuterte Richard Gröttheim, CEO des AP7, wie der Fonds sein etwa 80-Mrd. Euro schwere Vermögen souverän durch die Märkte navigiert. Im Prinzip ist die Strategie des Aktienfonds simpel, sie fußt auf dem Investment in rund 3.000 Unternehmen weltweit und der Überzeugung „Keine Angst vor den Schlaglöchern auf der Straße“. Denn es gibt immer Übertreibungen an den Aktienmärkten, nach oben genauso wie nach unten. „Auch nächstes Jahr wird es an den Märkten holprig werden“, sagte Gröttheim, „aber wer jetzt noch daran denkt, Aktien zu verkaufen … das ist zu spät.“ Fast schon gleichmütig ergänzte er: „Global investieren bedeutet, hier verliert man was, dort gewinnt man was.“
Unterm Strich zahlt sich die schwedische Gelassenheit aus, auf Sicht von 20 Jahren hat der AP7 Såfa eine Rendite von 11,6% p.a. erreicht. Warum Deutschland so etwas nicht längst hat, erschließt sich Gröttheim nicht. Die gute Rendite hat auch damit zu tun, dass Gröttheim dem aktiven Management etwas abgewinnen kann, denn nach seiner Erfahrung gibt es Segmente, in denen Alpha möglich ist, zum Beispiel in Japan oder auch bei Small & Mid Caps.
Das Thema Nachhaltigkeit definieren die Schweden auf ihre eigene Art, sie sagen, Problemunternehmen sind auch Teil der Lösung. Die Stahlproduktion etwa ist sehr kohleintensiv. Soll man deshalb nicht mehr in Stahlunternehmen investieren? Keineswegs! Wenn ein Unternehmen aktiv und glaubhaft nach Lösungen sucht, ist es für AP7 investierbar. Das gilt auch für die Erdölindustrie. Gröttheim: „Wir werden diese Unternehmen noch für die nächsten 20 oder 30 Jahre brauchen. Wenn sie Teil der Transformation sind und Geld in grüne Energie investieren, kaufen wir sie – es gibt dafür einge gute Beispiele.“ Streng können die Schweden trotzdem werden: Etwa 100 Unternehmen stehen auf der öffentlichen schwarzen Liste, weil sie internationale Konventionen gebrochen haben – „Naming and Shaming“ nennt man das im angelsächsischen Sprachgebrauch.
Interview mit Richard Gröttheim
Richard Gröttheim im Interview über die Investmentstrategie des schwedischen Pensionsfonds AP7 und seinen Kapitalmarktausblick für 2023 – inklusive der größten Marktrisiken.