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Kenneth S. Rogoff

Die Inflation: Sie bleibt … Sie geht … Sie bleibt!

Harvard-Professor Kenneth Rogoff hat sich mit den unterschiedlichsten Krisen der vergangenen Jahrhunderte beschäftigt: Schuldenkrisen, Inflationskrisen, Wechselkurskrisen, Bankenkrisen, Finanzkrisen. Die Vorzeichen solcher Krisen sind sehr unterschiedlich. Inflationskrisen, sagt Rogoff, bauen sich sehr langsam auf, sie kommen nicht über Nacht. Finanzkrisen hingegen sind nur sehr schwer vorherzusagen. Rogoff vergleicht die Entwicklung mit einer Herzerkrankung: Die einen erscheinen völlig gesund, aber dennoch erleiden sie einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt. Und bei anderen müsste es nach sämtlichen Risikofaktoren morgen passieren, aber es passiert nie. Einige der Vorzeichen sind ein schneller Anstieg der Kreditaufnahme, stark steigende Immobilienpreise oder auch Leistungsbilanzdefizite. Trotzdem bleibt die Prognose sehr schwer. Ein Merkmal vieler Finanz- und Schuldenkrisen sind stark steigende Zinssätze.  Das, so Rogoff, ist etwas, das offensichtlich noch nicht passiert ist.

Wer nach China schaut denkt oft: „Kann Lehman in China passieren – kann es dort eine Finanzkrise wie im Westen geben?“ Rogoff sagt, dies ist nicht die richtige Sichtweise. Eine Krise vom Typ Lehman ist in China nach seiner Einschätzung keine so große Herausforderung, weil die Regierung alles kontrolliert. Sie muss sich nicht auf dieselbe Weise wie der Westen mit den politischen Folgen einer Krise und ihrer Bewältigung oder mit den Gerichten auseinandersetzen. China kann Verluste sehr schnell ausgleichen und weitermachen.

Eher hat China ein Problem nach sowjetischem Vorbild. Die Analogie zur Sowjetunion liegt darin, dass diese sehr gut im Bau von Stahlwerken, Eisenbahnen, U-Bahnen und so weiter war. Aber als es nichts mehr zu bauen gab, brachte es sie in Schwierigkeiten. Japan ist ein späteres Beispiel mit seinen Brücken ins Nirgendwo. China hat viele Häuser, in denen niemand wohnt, aber der Anteil des Wohnungsbaus am BIP ist noch immer sehr hoch. Und es ist nicht allein der Wohnungsbau: Hochgeschwindigkeitszüge, Straßen, Flughäfen, Gebäude in den Großstädten – das Land kann seine Wirtschaft nicht einfach umstellen, um ein hohes Wachstum aufrechtzuerhalten, wenn die Immobilienaktivitäten im weiteren Sinne zurückgehen. Dies könnte dramatische Auswirkungen auf das chinesische BIP haben.

Es ist bemerkenswert, was China erreicht hat, betont Rogoff. Aber es ist eine ziemliche Herausforderung, den Übergang von einer wohnungs- und immobilienbasierten Wirtschaft zu einer normaleren Wirtschaft zu schaffen. Dieses Problem sei schneller angeschwollen, als man sich hätte vorstellen können. Deshalb ist es vermutlich nicht so leicht zu bewältigen.

Interview mit Prof. Kenneth Rogoff

Prof. Kenneth Rogoff im Interview über Muster und Vorhersagbarkeit von Wirtschafts- und Finanzkrisen, die Rolle der wachsenden privaten und öffentlichen Verschuldung sowie die Immobilienblase in China.